„Kein Tag ist wie der vorherige …

… und ich weiß heute nicht, was morgen kommt!“ Die beiden Bäckergesellinnen Lena (23, l., aus Kalletal) und Regina (20, aus Oberfranken) waren sich bei ihrem Besuch im Soester „Haus des Handwerks“ einig, was sie an der sogenannten „Walz“ (nach der Gesellenprüfung mindestens drei Jahre und einen Tag von zuhause fort sein) besonders toll finden. Auf dem Weg von der Erwitter Bäckerei Morgenstern (dort bei Bäckermeister Martin Kleinert treffen sich häufig Gesellen und Gesellinnen auf der Walz) waren beide zum „Vorsprechen“ nach Soest gekommen: Hier gab es einen Eintrag ins Wanderbuch, den obligatorischen Stempel der Kreishandwerkerschaft Hellweg-Lippe sowie eine „monetäre Wegzehrung“. Für Lena ging es noch am selben Tag Richtung Berlin weiter – wobei sie den direkten Weg per Autostop über die A2 nicht nehmen durfte: Die Walz-Statuten verbieten es, dem Heimatort auf 50 Kilometer nah oder näher zu kommen. Grundsätzlich möchte sie aber in den kommenden (mindestens) zweieinhalb Jahren auf jeden Fall nach Frankreich und nach Venedig reisen, vielleicht auch noch zu einem anderen deutschen Bäcker bis nach Kanada. Ganz andere Backkulturen hingegen will Regina (seit vier Monaten auf „Tippelei“) kennenlernen: Ihr größter Reisetraum sind die Arabischen Emirate. Ihr Nah-Ziel war jedoch zunächst das sauerländische Olpe, „weil dort ja die erste Deutsche Bäckerfachschule ist.“
Für diese besondere Form der persönlichen Freiheit sind GesellInnen auf der Walz auch bereit, auf vieles zu verzichten: Der Freund/ die Freundin zuhause müssen warten, Handys sind nicht erlaubt, und auch Reginas pinkfarbener Audi wird in den kommenden Jahren von der Mutter gepflegt und gefahren.