
Von der Industrie in die handwerkliche Ausbildung
Seit Herbst gibt es in den Handwerksbetrieben der Stadt Hamm wieder viele neue Gesichter. So verstärkte sich auch das 18-köpfige Team von Installateur- und Heizungsbauermeister Tobias Stoffer, der den von Johannes Pampel 1948 gegründeten Familienbetrieb in Hamm-Uentrop in dritter Generation führt und stellvertretender Obermeister der „Innung für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Hamm“ ist, in diesem Jahr mit einem neuen Auszubildenden: Tobiel Algül (19 Jahre, 1. Lehrjahr) kommt aus dem benachbarten Ahlen und hat im zweiten beruflichen Anlauf nun den Weg ins SHK-Handwerk gefunden. Wir haben mit Tobiel und seinem Ausbilder gesprochen.
Kreishandwerkerschaft: Tobiel, was war deine persönliche Motivation, eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) zu beginnen?
Tobiel Algül: Ich wollte schon immer ins Handwerk, das war mir von Anfang an klar. Vor allem die Berufe Elektroniker, Anlagenmechaniker SHK und Zerspanungsmechaniker kamen in Frage. Auch Kfz-Mechatroniker hätte mich noch interessiert. Während und nach der Schule habe ich mich also umgeschaut und mehrere Praktika gemacht. Das hat mir sehr geholfen zu entscheiden, welcher Beruf gut zu mir passt.
Kreishandwerkerschaft: Hast du vor deiner Ausbildung zum Anlagenmechaniker noch andere berufliche Wege ausprobiert und wie waren deine Erfahrungen?
Tobiel Algül: Zuerst machte ich ein Praktikum in einem Elektrobetrieb, das war aber nicht so meins. Deshalb entschied ich mich für eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker bei einem großen Industrieunternehmen. Da habe ich aber schnell gemerkt, dass die Arbeitsweise dort nichts für mich ist. Wir haben jeden Tag das gleiche gemacht und so hat mir schon nach kurzer Zeit die Abwechslung gefehlt. Also habe ich die Ausbildung abgebrochen, weitergesucht und ein Praktikum bei der Firma Pampel gemacht. Hier hat es mir direkt gut gefallen. Es war abwechslungsreich, die Aufgaben haben mir Spaß gemacht und die Kollegen waren sehr nett. Nach zwei Tagen hatte ich schon mehr gesehen und gelernt als während der ganzen ersten Wochen im Industrieunternehmen.
Kreishandwerkerschaft: Wie sieht dein persönliches Umfeld deinen Berufswunsch?
Tobiel Algül: Meine Familie und Freunde unterstützten mich von Anfang an und finden es toll, dass ich jetzt „meinen“ Beruf gefunden habe und mir die Ausbildung Spaß macht. Natürlich freuen sie sich auch, jemanden an der Hand zu haben, der ihnen später einmal die Heizung repariert…
Kreishandwerkerschaft: Wie kamst du zu deiner Ausbildungsstelle?
Tobiel Algül: Die Berufsberater der Agentur für Arbeit, die in meine Schule kamen [Berufskolleg St. Michael in Ahlen], haben mir viel geholfen. Sie hatten gute Vorschläge und Ausbildungsangebote. Daraufhin habe ich dann die verschiedenen Praktika gemacht.
Kreishandwerkerschaft: Was macht dir bisher in deinem neuen Beruf am meisten Spaß?
Tobiel Algül: Vor allem die Feininstallation im Sanitärbereich, zum Beispiel der Armaturen im Bad. Aber auch die Fehlersuche und -behebung, wenn bei einer Heizung eine Störung vorliegt. Es ist ein toller Beruf, weil ich viel selbstständig und alleine machen kann, aber genauso oft arbeitet man im Team zusammen. Diese Mischung gefällt mir gut und ist ganz anders wie in der Industrie.
Kreishandwerkerschaft: Was erhoffst du dir von deiner Ausbildung?
Tobiel Algül: Zuerst einmal, dass ich sie erfolgreich abschließe. Ich will mich später aber auf jeden Fall noch weiterbilden und vielleicht auch den Meister machen.
Kreishandwerkerschaft: Würdest du Freunden oder Bekannten deinen Ausbildungsberuf weiterempfehlen?
Tobiel Algül: Ein Freund von mir hat mich das letztens tatsächlich gefragt. Ich habe ihm direkt empfohlen, ein Praktikum zu machen, wenn er sich wirklich dafür interessiert. Er muss selbst schauen, ob diese Ausbildung zu ihm passt. Grundsätzlich ist es aber ein Beruf mit Zukunft, den ich auf jeden Fall weiterempfehlen würde.
Kreishandwerkerschaft: Herr Stoffer, Sie haben aktuell vier Auszubildende. Warum ist es Ihnen als Betriebsinhaber wichtig auszubilden?
Tobias Stoffer: Nur so kann man einen Beitrag zur Sicherung des Berufsnachwuchses im Handwerk leisten. Denn wer sonst soll die Klima- und Energiewende umsetzen, wenn nicht wir? Aber natürlich hat man auch das eigene Unternehmen im Blick. Bei der derzeitigen Lage auf dem Ausbildungs- und Fachkräftemarkt, der praktisch leergefegt ist, muss man selbst Nachwuchs ausbilden, um langfristig genügend qualifiziertes Personal zu haben. Ich sehe die Ausbildung daher als große Chance, den sich zuspitzenden Entwicklungen entgegenzuwirken.
Kreishandwerkerschaft: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit der Ausbildung bzw. den Auszubildenden gemacht?
Tobias Stoffer: Seit etwa zehn Jahren geht die Zahl der Bewerber auf unsere Ausbildungsplätze kontinuierlich zurück. Vorher war es einfacher, ausbildungsinteressierte Jugendliche zu finden. Dies ist aber eine Entwicklung, die das gesamte Handwerk betrifft und nicht nur einzelne Betriebe. Das bestätigt auch der Austausch mit den anderen Innungsbetrieben in unserem Gewerk und darüber hinaus. Natürlich gehören die heutigen Auszubildenden auch einer neuen Generation an, auf die sich die Betriebe einstellen müssen. Vor allem wollen wir die jungen Menschen aber ermutigen, mehr Eigeninitiative zu zeigen, also selbstständig zu handeln und eigene Ideen einzubringen. Nur so können sie die großen Chancen nutzen, die ihnen das Handwerk für ihre Karriere bietet.
Kreishandwerkerschaft: Wünschen Sie sich bezüglich der Rahmenbedingungen für die Ausbildung Verbesserungen?
Tobias Stoffer: Bei manchen technischen Entwicklungen müssten die Ausbildungspläne schneller an den aktuellen Stand der Praxis angepasst werden, da sie oftmals ein paar Jahre hinterher hängen. Ein aktuelles Beispiel ist die Wärmepumpe, die seit vielen Jahren durch unsere SHK-Betriebe verbaut wird, aber erst jetzt langsam Einzug in die Ausbildungspläne hält. Ein anderes Problem sind die teilweise hohen Stundenausfälle in den Berufsschulen. Der Personalmangel ist heute einfach allgegenwärtig und macht auch vor unserem Schulsystem nicht halt.
Kreishandwerkerschaft: Was würden Sie bezüglich der handwerklichen Ausbildung in Deutschland ändern?
Tobias Stoffer: Zum einen fände ich den weiteren Ausbau handwerklicher Berufsorientierungsmaßnahmen in den allgemeinbildenden Schulen wichtig. Ich begrüße es sehr, dass nun auch Gymnasiasten zwei Praktika machen müssen. Aber insgesamt kommen die Jugendlichen immer noch nicht genügend in Kontakt mit dem Handwerk. Der zweite Punkt, den ich besonders wichtig finde, ist die Rolle der Eltern bei der Berufswahl ihrer Kinder. Sie sind wichtige Berater für die Jugendlichen und so lange bei ihnen veraltete Vorstellungen unseres Berufsstandes vorherrschen, haben wir es schwer, mehr Nachwuchs für das Handwerk zu gewinnen. Es muss in den Köpfen der Eltern und der Gesellschaft ankommen, dass einem nach einer handwerklichen Ausbildung alle Wege offenstehen. Dass man sich weiterbilden und Karriere machen kann. Das Handwerk muss als zukunftsfähiger und attraktiver Berufsweg wieder präsenter werden. Nicht immer ist ein Studium der passende oder beste Weg.
Kreishandwerkerschaft: Die Anzahl der neuen Ausbildungsverträge bei den Anlagenmechanikern für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik in der Hellweg-Lippe-Region ist erfreulicherweise seit ein paar Jahren im Aufwärtstrend. Merken Sie diesen kleinen Aufschwung oder ist es nach wie vor schwierig, neue Auszubildende zu finden?
Tobias Stoffer: Es ist und bleibt schwierig. Ich persönliche baue hier viel auf Kooperationen mit den umliegenden Schulen. Wir haben beispielsweise einen sehr guten Kontakt zur Erlenbachschule in Hamm, wodurch sich immer wieder Möglichkeiten bieten, neue Auszubildende zu gewinnen. Wir präsentieren unser Handwerk zum Beispiel bei Orientierungstagen in der Schule – im Gegenzug kommen Schüler für ein Praktikum in unseren Betrieb, was sehr gerne genutzt wird. So eine Kooperation steht und fällt natürlich mit dem Engagement der Beteiligten. Aber Praktika anzubieten ist aus meiner Sicht für alle ausbildungsbereiten Betriebe essenziell. Denn auch wir gewinnen auf diese Weise den einen oder anderen Praktikanten, mit dem es besonders gut passt, für eine Ausbildung in unserem Unternehmen.